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Letztes Update: September 12, 2002 22:47
  Strafe muss sein
Diskussion über Opferschutz mit Herta Däubler-Gmelin
Villingen-Schwenningen (coh) Wie breit gefächert das Thema Opferschutz ist, machte gestern ein Fachgespräch mit Bundesjustizministerin Herta Däubler-Gmelin (SPD) in Schwenningen deutlich. "Strafe muss sein, und zwar eine geeignete Strafe", meinte sie. Die Regierungskoalition habe sich intensiv mit dem Opferschutz befasst, sagte die SPD-Bundestagskandidatin Beate Schmidt-Kempe. Durch die verfahrensrechtliche Stärkung des Täter-Opfer-Ausgleichs würden Opfer von Straftaten aktiver als bisher in die Gestaltung des Strafverfahrens einbezogen und so ihre Möglichkeiten zur Wiedergutmachung des Schadens verstärkt. Traumatisierte Opfer, beispielsweise missbrauchte Kinder, müßten im Strafprozess vor unnötigen Belastungen geschützt werden. Mehrfachvernehmungen seien für diese Opfer oft qualvoll. "Wir streben daher den verstärkten Einsatz von Bild- und Tonaufnahmen an". Es ist ein Vorurteil, dass Richter mehr für den Täter tun, als dass sie sich um die Opfer kümmerten, erklärte Bundesjustizministerin Däubler-Gmelin. Opfer einer Straftat bräuchten Hilfe und Ermutigung. Aber wenn man über Opferschutz rede, müsse man auch Opferschutz meinen. "Ich bin nicht bereit, etwas vom rechtsstaatlichen Verfahren abzustreichen". Bei der Diskussion kam schnell die Konfrontation mit der Praxis. Eine Schwenningerin trug den Fall ihrer Mutter vor, die mit 80 Jahren Opfer eines Raubüberfalls geworden sei. Als Folge dieser Straftat lebe sie heute in einem Altenpflegeheim. Jetzt hätten sie und ihr Bruder vom städtischen Sozialamt die Aufforderung bekommen, ihre finanziellen Verhältnisse offen zu legen, um für die Pflegekosten aufzukommen. "Ich bin nicht bereit, ein Verbrechen mitzufinanzieren", meinte die Frau. Richter Christian Bäumler erläuterte, dass der Täter inzwischen an einer Überdosis Drogen gestorben sei. Däubler-Gmelin sagte der Frau zu, sich mit ihr über den Fall zu unterhalten. Ein Vertreter des Weißen Rings bemängelte, dass nur ein Bruchteil der 200 000 Menschen, die in der Bundesrepublik jährlich Opfer einer schweren Straftat werden, finanziell eine einigermaßen angemessene Entschädigung erhalten. Nicht einmal ein halbes Prozent bekomme eine Rente nach dem Opfer-Entschädigungsgesetz. "Das wird sich nicht durch Hilfskonstruktionen wie der Opfer-Stiftung verbessern". Däubler-Gmelin meinte, sie sei entschlossen, das zivilrechtliche Vorgehen gegen Straftäter zu erleichtern. "Das ist jetzt ein bürokratisches Verfahren, das Schwere und Dauer der gesundheitlichen Beeinträchtigung der Opfer nicht genug berücksichtigt." Ü
(Südkurier, 25.07.2002)
 
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