Zuwanderungsrecht

Antrag zum Landesparteitag am 14. Februar 2004 in Leinfelden-Echterdingen

Der Landesparteitag möge beschließen:

Wir fordern die SPD geführte Bundesregierung und die SPD-Bundestagsfraktion auf, folgende gesetzliche Regelung zu verabschieden:

1. Familien mit langjährigem Aufenthalt (mindestens 5 Jahre) in Deutschland, die integriert sind und nur auf Grund einer Duldung derzeit nicht abgeschoben werden, erhalten einen legalen Aufenthaltsstatus.

2. Geschlechtsspezifisch verfolgte Personen erhalten einen legalen Aufenthaltsstatus.

3. Personen, bei denen der Verdacht auf Traumatisierung nach erlittener Folter vorliegt, dürfen erst dann ausgewiesen werden, wenn auf Grund fachärztlichen Gutachtens feststeht, daß eine Traumatisierung ausgeschlossen werden kann. Das fachärztliche Gutachten muß von einem Facharzt ausgestellt werden, der über entsprechende Spezialkenntnisse verfügt.

4. Personen, die auf Grund nichtstaatlicher Verfolgung ihr Heimatland verlassen haben, erhalten einen legalen Aufenthaltsstatus.

5. Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren dürfen nur unter den in den UNKinderrechtskonventionen enthaltenen Bedingungen inhaftiert werden.

6. Die Vorbehalte zu den UN-Kinderrechtskonventionen werden zurückgenommen.

Begründung:


zu Punkt 1: Grundsätzlich sind die Rechte von Kindern und Jugendlichen zu wahren. Nach fünf Jahren Aufenthalt ist davon auszugehen, dass eine Integration weitestgehend erfolgt ist. Häufig können Familien nicht abgeschoben werden, weil tatsächliche oder rechtliche Abschiebungshindernisse in Gestalt von Krankheit, fehlender Rückreisedokumente, fehlender Zusagen der aufnehmenden Länder, Bürgerkriegssituation, langwierige Verfahren usw. einer Abschiebung entgegen stehen. In den meisten Fällen sind die Abschiebungshindernisse nicht von den Familien verschuldet. Wenn es den Behörden nicht gelingt, die Familien nach fünf Jahren zurückzuführen, ist ihnen im Interesse der Kinder und Jugendlichen ein legaler Aufenthaltstitel zu erteilen.

zu Punkt 2: Es sollen vor allem Frauen, die aus kulturellen oder religiösen Gründen in ihrer Heimat verfolgt sind, geschützt werden.

Zu Punkt 3: Traumatisierte Menschen werden leider häufig fehlerhaft begutachtet werden, wie umfangreiche Studien belegen.

zu Punkt 4: Es werden Menschen berücksichtigt, die von nicht staatlichen Gruppierungen, wie etwa der PKK, verfolgt werden und deshalb ihre Heimat verlassen mußten.

zu Punkt 5+6: Die UN-Kinderrechtskonventionen sind ohne Vorbehalte anzuerkennen. Diese könnten dann in Deutschland ratifiziert werden. Die Kohl-Regierung hatte die Vorbehalte erklärt. Der Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages hat zum Aktenzeichen Pet I-14-06-26 ebenfalls die Aufgabe der Vorbehalte gefordert. Das BMI ist der Auffassung, die Vorbehalte könnten nur mit Zustimmung aller Länder zurückgenommen werden.

In Deutschland sind ca. 150.000 Familien mit langjährigem Aufenthalt von Abschiebungen bedroht. Ca 2/3 hiervon Kinder und Jugendliche. Gerade die jungen Menschen sehen in Deutschland ihr zu Hause. Sie kennen ihre Heimat häufig kaum, sprechen zwar die Sprache, können sie aber nicht schreiben. Diese jungen Menschen würden gerne hier bleiben und wir sollten sie freundlich aufnehmen, denn auch auf ihre Unterstützung ist unser Land auf Grund unseres demographischen Problems dringend angewiesen. Wegen der Integration der Familien während ihres langen Aufenthaltes, sollte der Vollstreckungsanspruch des Staates (zum Beispiel auf der Grundlage eines abweisenden Urteils im Asylverfahren) nach spätestens fünf Jahren verwirkt sein. Die Rechte der Kinder, die in den UN-Kinderrechtskonventionen niedergeschrieben sind, wurden von der Kohl-Regierung mit Vorbehalten gegenüber Flüchtlingsfamilien belegt. Der Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages hat die Aufgabe der Vorbehalte verlangt. Das BMI gibt diese nicht auf, weil u.a. Bayern und Baden-Württemberg die Zustimmung verweigern. Überhaupt nicht berücksichtigt wird, dass die Kinder in ihrer fremden Heimat kaum eine Integration erleben können. Es gibt Erfahrungswerte bezüglich der Spätaussiedlern. Die Integrationsschwierigkeiten dieser Kinder und Jugendlichen sind eklatant, obwohl der deutsche Saat Unterstützung leistet. Die CDU- / CSU-Politik ist verlogen. Einerseits wird die Integration als Voraussetzung für ein Bleiberecht verlangt. Deshalb soll zum Beispiel das Nachzugsalter für Kinder im neuen Zuwanderungsgesetz herabgesetzt werden. Andererseits werden bereits integrierte Kinder und Jugendliche, die jahrelang den Schutz und die Fürsorge unserer Gesellschaft erfahren haben, die Kindergärten und Schulen besuchten, abgeschoben. Auch die Deutsche Gesellschaft ist durch diese Abschiebungen „verletzt“. Sie akzeptiert dieses Handeln des Staates nicht. Das Informationsdefizit der Gesellschaft ist politisch gewollt. Die Deutsche Bevölkerung hat zu einem ganz überwiegenden Teil auch auf Grund ihrer politischen Vergangenheit den Wunsch, den Heimatlosen, Verfolgten und Unterdrückten zu helfen. Dies wird immer wieder dokumentiert durch zahlreiche Hilfsaktionen, Spendenaktionen usw. Die CDU / CSU rühmte sich im Rahmen der Hohmannaffäre damit, dass es gelungen sei, den sog. rechten Rand aufzufangen und so zu verhindern, dass rechtsradikale Parteien gegründet wurden. Die CDU / CSU vergisst dabei zu erwähnen, dass viele dieser Mitglieder Funktionsträger sind und sich deren politische Auffassung in der Realpolitik der CDU / CSU und zwar gerade in der Zuwanderungsdebatte niederschlägt, die rein idiologisch geprägt ist. Politische Vernunft und politische Weitsicht sind hier ebensowenig erkennbar, wie humanitäre oder christliche Aspekte.

Beate Schmidt-Kempe
Kreisvorsitzende Schwarzwald-Baar

Dieser Antrag erfolgt auf der Grundlage des einstimmigen Beschlusses der Kreisdelegiertenkonferenz vom 29. November 2003 in Donaueschingen.